Let’s Read “White Night” / Teil 3: Düstere Familiengeheimnisse

Nach einem geruhsamen Schläfchen im gemütlichen Horror-Haus, kann unser Held nun endlich (?) mehr oder weniger weiter ausgeruht in die Tiefen des Hauses vordringen. Was da jedoch im Dunkeln lauert, ist nicht immer freundlich gesinnt…

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White Night

Eine verzweifelte Frauenstimme reißt den verletzten Protagonisten wieder aus dem Schlaf – Wer war das? Verwirrt und noch etwas schwach, rafft er sich langsam wieder aus dem Sessel auf. Niemand zu sehen. Ob ein Nickerchen in einer solchen Umgebung wirklich so eine gute Idee war? Von Nutzen war es aber alle Male, denn ein Druck auf der X-Taste meines Controllers offenbart: Der Verletzte ist nun weitestgehend so genesen, dass er wieder rennen kann. Einen Marathon laufen können wir in dem Tempo zwar nicht, es dürfte aber im Zweifelsfall genügen, um dem ein oder anderen Geist zu entkommen. Mein Streichholz-Vorrat sieht da schon weniger vielversprechend aus – nur noch 4 von 12 Streichhölzer. Ich muss erstmal für Nachschub sorgen. In der hinteren Ecke des Raumes kann ich schemenhaft die Umrisse einer Streichholzschachtel erkennen. Es ist stockfinster, aber es wäre unnötig ein Streichholz zu verschwenden, wenn ich das Ziel bereits im Blick habe. Also taste ich mich in die Dunkelheit vor, um meinen Vorrat wieder aufzufüllen.


Angriff aus dem Dunkeln

Keine gute Idee. Es hämmert und klopft, Bildschirm und Controller vibrieren – etwas scheint auf mich zuzukommen! Jetzt wäre es wohl an der Zeit, meine neu gewonnen Sprint-Fähigkeiten unter Beweis zu stellen und schnell wieder zurück ins Licht zu fliehen! Und tatsächlich: plötzlicht herrscht wieder vollkommene Stille (die auf einmal auch gar nicht mehr so bedrückend, sondern vielmehr beruhigend wirkt). Was auch immer das war, es ist wieder weg. Memo an mich: Die vollkommene Dunkelheit lieber meiden, selbst wenn mich das einige Streichhölzer kosten sollte.

White Night

Release: 06.03.2015
Genre: Survival, Horror
Entwickler: OSome Studio
Publisher: Activision
Plattformen: PC, PlayStation 4, Xbox One

Dank meiner etwas waghalsigen Aktion habe ich den Vorrat jetzt jedenfalls wieder aufgefüllt. 12 von 12. Also heißt es wieder mal: B-Knopf drücken, ein Lichtlein anzünden und umschauen womit mich dieser Raum so zu überraschen vermag. Ich scheine mich in einem kleinen Wohnraum zu befinden. Die genaue Funktion kann ich allerdings nicht erkennen. In der Mitte des Zimmers befindet sich ein Tisch, auf dem die Statue einer Mondgöttin platziert ist. An der Wand das Plakat einer Sängerin: “Selena. Smoke and Mirrors”. Der Eigentümer scheint wohl ein Jazz-Fan zu sein.


Familiengeheimnisse

Anonsten finde ich aber nur gewöhnliche Schränke und einige Tagebucheinträge vor. Ein Name sticht dabei sofort hervor: Margaret. Wenn ich mich richtig erinnere (und im Menü kann ich alle gesammelte Notizen jederzeit wieder abrufen – ich erinnere mich also richtig), stand auf einem der Grabsteine im Garten der Name “Margaret Vesper” eingraviert. Ein Zufall? – Wohl eher nicht. Margarets Persönlichkeit ist jedenfalls genauso düster, wie ihr Grabmahl im Garten:

Margarets Tagebuch, Auszug 11

21. August 1911

Das Haus erstickte förmlich an nutzlosen Beleuchtungen und Verzierungen, wie unangemessen für die Größe eines Vermögens wie dem der Vespers. Es war das Werk eines degenerierten Romantikers, ein Schandfleck in diesem Jahrhundert.
Zuerst ließ ich die Blumenbeete an der Ostseite des Gartens entfernen. Sie versperrten nur den Weg und verbreiteten im Sommer einen schier unerträglichen Gestank. Ich hatte es Henry gegenüber nicht erwähnt und er war sehr ungehalten. Zum ersten Mal glaubte ich etwas wie Wut in seinen Augen zu sehen. Wenige Sekunden sah er aus wie ein Mann. Dann versenkte er sich wieder in seine Melancholie und spielte den ganzen Nachmittag lang Klavier. Wieder dieser Jazz, diese einfältige Musik, die nach Aussschweifungen und Elend klingt.

White Night

Und wieder dieser Jazz… Erst im Auto, dann auf dem Plakat. Scheinbar ein Schlüsselmotiv in der Geschichte. Um aber tiefer in die Geschichte der Familie Vesper eintauchen zu können, muss ich erst noch ich weitere Notizen sammeln. Sondern fröhlich scheint das Leben dieser Familie jedenfalls nicht gewesen sein. Das zeigt auch ein weiterer Tagebucheintrag von Margaret, den ich in einer anderen Ecke des Raumes finde. Etwas zurück Richtung Eingang finde ich zudem noch einen Eintrag ohne Namen: 29. Oktober 1938 mit der Überschrift “Ankunft der Dunkelheit” – scheinbar eine Beschreibung der Großen Depression. Gerade habe ich noch einen Brief einer “Selena” an einen “Wiliam Vesper” gelesen , als kurz darauf eine weitere geisterhafte Gestalt auf sich aufmerksam macht.

Die hat jedoch nichts mit dem düsteren Wesen gemein, das mir vorhin im Flur begegnet ist. Sie erstrahlt in reinem Weiß und erinnert damit vielmehr an die Frau, die plötzlich auf der Straße aufgetaucht ist. Und ebenso plötzlich verschwindet sie auch jetzt wieder durch die Tür zur Bibliothek. Es scheint als hätte ich mein nächstes Ziel gefunden.

Aber wer war sie? Und was kam da in der Dunkelheit auf mich zu?

… das erfahrt ihr hier.



Alle Teile in der Übersicht:

Teil 1 / Teil 2 / Teil 3 / Teil 4 / Teil 5


Caecilia
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Caecilia

Ehemaliger(?) "Final Fantasy"-Freak. Hat durch die Liebe für das Japanische Rollenspiel zum Videospiel gefunden. Nachdem der Traum vom Leben im Land der aufgehenden Sonne schon am Sushi-Hass zerplatzte, fand die Musik- und Theaterwissenschaftlerin mit den Game Studies einen passenden Ersatz; ging ihren Dozenten deswegen permanent mit Hausarbeiten zu Videospielmusik, Avatartheorien oder Bewegungssteuerungskonzepten auf den Leim; versuchte sich nebenher als Redakteurin beim RETRO-Magazin oder stockte ihre Spielesammlung mit Aushilfsjobs bei GameStop auf. Ihr großer Traum: Mit einer Professur das eigene Hobby durch die Uni finanzieren zu lassen. Bis dahin tobt sich eben auf schraeglesen aus und bezahlt die Spiele vorerst aus eigener Tasche. Wegen ihrer Vorliebe für Indie Games hält sich der finanzielle Aufwand dabei zum Glück in Grenzen.

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