Let’s Read: “White Night” / Teil 2: Licht im Dunkeln

Bisher ist alles recht ruhig verlaufen. Außer einem mulmigen Gefühl auf dem Friedhof habe ich mich eigentlich recht tapfer schlagen können. Ich weiß aber auch, dass mich der eigentliche Spaß jetzt erst im Inneren des Hauses erwartet. Wie lange meine Nerven das wohl mitmachen?

Mit einem lauten Knarzen öffnet sich die schwere Holztür und weißes Licht strömt in das dunkle Anwesen. Auf dem Boden sind Fußspuren zu erkennen – scheinbar wirklich vor kurzem noch jemand hier. Aber davon ist nun nichts mehr zu vernehmen. Nichts als klaffende Leere. Mit letzten Kräften schleppt sich der inzwischen stark angeschlagene Protagonist ans gegenüberliegende Telefon. Hoffentlich funktioniert es auch.

Und tatsächlich: Nach wenigen Umdrehungen auf der Wählscheibe ist ein Freiton zu vernehmen. Die Verbindung wird hergestellt. Was dann jedoch folgt, ist wenig erleichternd: Unser Gegenüber scheint nicht nur reichliche Verständnisprobleme zu haben, als er erkennt mit wem er da am Telefon spricht, schlägt seine Stimme in blankes Entsetzen um:

Hallo? Wer spricht da? … … … Oh nein! NEIN! Das kann nicht sein … NEIN!

Dann bricht die Verbindung ab. Nur noch leeres Tuten … und ein Knall. Die Tür ist zugefallen. Das war’s. Jetzt gibt es kein zurück.

Was war geschehen? Diese Kälte… diese Dunkelheit um mich herum. Ich fürchtete mich eigentlich nicht im Dunkeln, doch dort, an diesem Tag… Mir fiel ein, dass ich in meinem Jackett eine Schachtel Streichhölzer haben musste. Der Drang, ein Streichholz anzuzünden, wurde mir mit jedem kalten Schauer, der mich überlief, stärker.

Das lasse ich mir nicht zweimal sagen: Wenn ich hier im Haus schon auf unheimliche Wesen treffen muss, dann will ich wenigstens sehen können, womit ich es zu tun habe. Also drücke ich wie gefordert die B-Taste auf meinem Controller, zünde so ein Streichholz an und in mir macht sich eine gewisse Erleichterung breit. Als einziger Farbtupfer in der schwarz-weiße Hölle bringt die warme Flamme endlich etwas Licht ins Dunkel.

Aber was war das? War da auf dem Sessel nicht ein Schatten zu erkennen? Ich drehe mich um und sehe … nichts. Vielleicht habe ich mich getäuscht. Mein Streichholz hat sich mittlerweile wieder verabschiedet. Ich sollte schnell wieder ein neues anzünden. Sonderlich hell ist es allerdings nicht. Mit dem kleinen Lichtkegel kann ich mir wohl kaum einen genauen Überblick verschaffen. Außerdem neigt sich mein Vorrat an Streichhölzern bereits dem Ende entgegen. Noch 5 von 12 – wenn ich so weiter mache, habe ich bald ein ernsthaftes Problem. Der Kreis dort an der Wand könnte jedoch ein Lichtschalter sein, vielleicht findet sich da eine Möglichkeit. Gott sei Dank! Ein Knopfdruck und schon taucht der Kronenleuchter den Eingangsbereich in weißes Licht. Endlich kann ich den Flur genauer in Augenschein nehmen.

White Night

Release: 06.03.2015
Genre: Survival, Horror
Entwickler: OSome Studio
Publisher: Activision
Plattformen: PC, PlayStation 4, Xbox One

Das Erste, was mir ins Auge fällt, sind Gemälde: Landschaftsmalereien und düstere Familienportraits. Offensichtlich ein Haus mit einer reichen Familientradition. Hinten, in der Ecke wurde eine Schaufel abgestellt. Klebt da etwa Blut dran? Nein, nur frische Erde. Der Eigentümer muss kürzlich etwas gegraben haben. (Wahrscheinlich eine Leiche – haha.) Am Garderobenständer hängt ein Hut. Der Erzähler schlussfolgert, dass hier ein Mann wohnen müsse – etwas weit hergeholt, wie ich finde. Aber das Spiel wird es schon besser wissen. Außer ein paar weiteren Bildern und einem Schrank mit Enzyklopädien gibt es hier scheinbar nichts Interessantes mehr zu entdecken. Weiter geht’s in den nächsten Raum – fragt sich nur in welchen?

Es stellt sich heraus, dass mir hier keine Wahl bleibt: Ein Großteil der Türen ist verschlossen, nur einen einzigen Raum kann ich problemlos betreten. Ebenso problemlos lässt sich hier wieder ein Lichtschalter finden, den ich natürlich sofort betätige. (Im Hinterkopf spukt mir immer noch die düstere Geistergestalt im Kopf herum.) Viel heller wird der Raum dadurch zwar nicht – es scheint nur eine Lampe zu funktionieren – aber das Licht genügt zumindest, um den Sessel zu beleuchten:

Der Sessel sah gemütlich aus. Ich konnte mich ausruhen und meinen Fortschritt speichern.

White Night

Auch der Aufforderung gehe ich gern nach: Vielleicht geht es dem verletzten Helden dann etwas besser und Speichern finde ich sowieso immer gut. Der Protagonist humpelt zum Sessel, lässt sich darauf nieder und schläft sofort ein. (Wie man in so einer Umgebung schlafen kann, ist mir allerdings ein Rätsel.)



Ende erster Teil Kapitel 2. Weiter geht’s hier…



Alle Teile in der Übersicht:

Teil 1 / Teil 2 / Teil 3 / Teil 4 / Teil 5

Caecilia
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Caecilia

Ehemaliger(?) "Final Fantasy"-Freak. Hat durch die Liebe für das Japanische Rollenspiel zum Videospiel gefunden. Nachdem der Traum vom Leben im Land der aufgehenden Sonne schon am Sushi-Hass zerplatzte, fand die Musik- und Theaterwissenschaftlerin mit den Game Studies einen passenden Ersatz; ging ihren Dozenten deswegen permanent mit Hausarbeiten zu Videospielmusik, Avatartheorien oder Bewegungssteuerungskonzepten auf den Leim; versuchte sich nebenher als Redakteurin beim RETRO-Magazin oder stockte ihre Spielesammlung mit Aushilfsjobs bei GameStop auf. Ihr großer Traum: Mit einer Professur das eigene Hobby durch die Uni finanzieren zu lassen. Bis dahin tobt sich eben auf schraeglesen aus und bezahlt die Spiele vorerst aus eigener Tasche. Wegen ihrer Vorliebe für Indie Games hält sich der finanzielle Aufwand dabei zum Glück in Grenzen.

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