Pony Island: Willkommen in der Hölle

Kennt ihr das? Eigentlich wolltet ihr euch nur gemütlich eurem Pony-Abenteuer widmen. Dem Regenbogen folgen, ein paar Schmetterlingen weg pusten… Als eurer Rechner ganz plötzlich vom Teufel höchst persönlich gehackt wird. Genau das und noch viel mehr ist “Pony Island” – für mich der Überraschungs-Indie-Hit zum Beginn des Jahres. Ich habe alle Zähne zusammengebissen und mich an den “zuckersüßen” Höllentrip gewagt – und dabei sogar meine Seele aufs Spiel gesetzt.

Mit einem quietsch-bunten Pony-Abenteuer hat “Pony Island” nicht viel zu tun.

This is called Pony Island. You will play as a beautiful Pony, frolicking and leaping over gates.

Pony Island

Bunte Farben, fröhliche Musik und im Hintergrund ein hüpfendes rosa Einhorn-Pony. Der Eindruck, den “Pony Island” beim Hauptmenü hinterlässt ist einfach perfekt. Perfekt, für ein fünfjähriges Mädchen mit einem Faible für Einhörner. Noch deutet nichts darauf hin, dass sich der Zuckerwatten-Traum gleich in einen schwarz-weißen Alptraum verwandeln wird. Doch das tut er recht schnell: Denn gleich beim Spielstart weichen die hellen Farben. Zurück bleibt ein dunkler Bildschirm, der jetzt vom Rahmen eines alten Monitors umgeben ist. Die Grafik hat sich mit pixeligen weißen Linien und Punkten auf ein Minimum reduziert.


Der Kampf mit dem Hauptmenü

Als sich ein neues Hauptmenü mit der Aufschrift “Pony Island” auftut, weiß ich zumindest, dass ich mich immer noch im gleichen Spiel befinde. Also heißt es, neuen Versuch starten und auf “Start Game” klicken. Nichts passiert. Soll das ein Scherz sein? Noch ein Klick. Immer noch nichts. Ist meine Maus defekt? Versuchen wir es doch einmal woanders und klicken auf das Feld mit der Aufschrift “Options”. Das Bild verändert sich und zeigt mir nun eine Reihe von verschiedenen Optionen auf: “Cheerful Facade”, “Pony Physics”…. und ein verdächtiges “Fix Start Menu”, vielleicht liegt hier der Hase begraben. Ein Klick – und schon fällt das “Back” herunter, das sich jedoch wieder problemlos an seinen ursprünglichen Platz befördern lässt und mich wieder zurück ins Hauptmenü führt.

Pony Island
experimenteller Puzzle-Plattformer
Developer: Daniel Mullins GamesPublisher: Daniel Mullins Games
Plattform: PC (Steam)
Veröffentlichung: 04. Januar 2016

Zur Website geht’s hier.
Nein –  Scherz. Hier geht’s zur Website.


Auf dem Weg ins Spiel

Bei einem weiteren Klick auf “Start Game” beginnt das Spiel zwar immer noch nicht, dafür hat sich nun ein kleiner rot-blau-verpixelter Fleck aufgetan, durch den ich zu einer Art Puzzle-Spiel gelange. Das Puzzle ist schnell gelöst (Ich muss lediglichen einen Pfeil auf ein markiertes Feld schieben, um einen Schüssel den Weg zu bahnen), belohnt werde ich dann mit dem Ladebildschirm – bald habe ich es geschafft! Noch ein kurzes Puzzle lösen und schon werde ich von einer “freundlichen Stimme” begrüßt. Sie beschwert sich erst, dass ich hier einfach am Spiel herum bastele, lässt mich dann aber doch zum ersten Level von “Pony Island” fortschreiten.

Mit der Zeit werden die Puzzle immer schwieriger.

Hürdenlauf für Anfänger

Das Level an sich, ist jedoch kaum der Mühe wert. Zwar lässt die düstere Musik zunächst dramatisches anmuten, wie sich dann herausstellt, ist “Pony Island” lediglich ein vereinfachter Hürdenlauf. Hürde, klick mit der linken Maustaste und schon springt das Pony. Noch eine Hürde, noch ein Klick und so weiter… Mit den scheinbar unlösbaren Schwierigkeitsgrad der alten Arcadenspiele, auf die “Pony Island” anspielt, hat das jedenfalls nicht zu tun. Schnell ist die Zielflagge erreicht und ich werde mit einem blinkenden Feuerwerk aus Gratulationen begrüßt. (Irgendwie fühle ich mich leicht auf den Arm genommen.) Es folgt ein weiteres lachhaftes Level und anschließend ein noch viel größeres Gratulationsfeuerwerk. Die Levelzahl ist mittlerweile ins unermässliche gestiegen. Ich scheine mich in einer Art Schleife zu befinden, ohne Aussicht auf ein Ende – oder etwa doch?

Experience the Rest of Pony Island! Insert your Soul to continue

Pony Island

“Pony Island” ist ein Puzzle-Plattformer, wie ich ihn so einer Form und Vielfalt auch bei einem Indie-Game selten gesehen habe. Ständig wechselt das Spiel zwischen den verschiedenen Perspektiven und Programmen des alten Rechners, in denen der Spieler mal durch simple Level hüpft – die später auch gern mal im Text-Adventure-, “Space Invaders”-Gewand oder eben auch aus der Ego-Perspektive auftauchen -, mehr oder weniger – knifflige Puzzle löst oder sich durch die verschiedenen Programme und Profile klickt – Insofern das der dämonische Virus natürlich überhaupt zulässt. Dem ist nämlich so einiges daran gelegen, dass er den Spieler auch weiterhin im Spiel gefangen hält. Da werden Level schon einmal so konzipiert, dass sie der Spieler einfach nicht schaffen kann (indem beispielsweise ein See eingefügt wird, der einfach nicht mit einem Sprung überwunden werden kann).

“Pony Island” als Textadventure.

Freundlicher Helfer

Wie sich bald herausstellt, ist der Spieler aber nicht allein in seinem Übel. Denn “Pony Island” hat schon so einige Spieler auf dem Gewissen, die jetzt allesamt als gequälte Seelen durch den Computer geistern. Eine dieser Seelen trifft der Spieler sogar im Chat unter dem Namen <h0peles$0ul>, die sich trotz auffälligen Namen noch als äußerst nützlich erweist. Sie verhilft dem Pony zu weiteren Fähigkeiten , durch die der Spieler wiederrum die scheinbar “unüberwindbaren” Hindernisse der Level überwinden kann. So ermöglichen beispielsweise Flügel das Überqueren des Sees, der zuvor noch für einen Sprung zu weit war. Mit ihrer Hilfe muss der Spieler nun drei “Core Files” zerstören, um den bösartigen <1U@iF#r> (das User-Profil von Lucifer) einen Strich durch die Rechnung zu machen und die gefangen Seelen zu befreien.

<1U@iF#r> sieht es nicht gern, wenn der Spieler mit anderen chattet.

Pony-Spiel mit Suchtfaktor

Meiner Meinung nach hat “Pony Island” den Anspruch für die kommenden Indie-Games des Jahres extrem hoch gesetzt. Die einzelnen Level erscheinen zwar auf dem ersten Blick etwas eintönig und auch vom Schwierigkeitsgrad nicht sonderlich anspruchsvoll. Durch Ideenreichtum, Vielfalt und die zahlreichen Anspielungen an die Videospielgeschichte hat “Pony Island” noch so einiges an Suchtpotential zu bieten, sodass ich mich nach jedem Level erwartungsvoll auf das gefreut hatte, was mich noch so an Kniffen erwartet. (Mein Highlight: Ein Boss-Kampf, in dem mich der Gegner durch gefakte Steam-Nachrichten ablenken wollte) Auf diese Weise lasse ich mich doch gern ein wenig vom Teufel gefangen halten!

Caecilia
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Caecilia

Ehemaliger(?) "Final Fantasy"-Freak. Hat durch die Liebe für das Japanische Rollenspiel zum Videospiel gefunden. Nachdem der Traum vom Leben im Land der aufgehenden Sonne schon am Sushi-Hass zerplatzte, fand die Musik- und Theaterwissenschaftlerin mit den Game Studies einen passenden Ersatz; ging ihren Dozenten deswegen permanent mit Hausarbeiten zu Videospielmusik, Avatartheorien oder Bewegungssteuerungskonzepten auf den Leim; versuchte sich nebenher als Redakteurin beim RETRO-Magazin oder stockte ihre Spielesammlung mit Aushilfsjobs bei GameStop auf. Ihr großer Traum: Mit einer Professur das eigene Hobby durch die Uni finanzieren zu lassen. Bis dahin tobt sich eben auf schraeglesen aus und bezahlt die Spiele vorerst aus eigener Tasche. Wegen ihrer Vorliebe für Indie Games hält sich der finanzielle Aufwand dabei zum Glück in Grenzen.

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